Menschen benötigen Gewohnheiten. Stimmt, aber wenn die Bewältigung unserer Alltagsaufgaben zum Problem wird, landen wir früher oder später in einer mentalen Sackgasse. Experten bezeichnen das Phänomen als Mental Load.
Unter Mental Load verstehen wir im Deutschen die psychische Belastung, die bei der Organisation von Alltagsaufgaben entsteht. Vermeintliche Routinetätigkeiten können so zu einer wahren Belastungsprobe werden. Es läuft lapidar gesprochen darauf hinaus, immer an alle Dinge zu denken, an die gedacht werden müssen.
Vor allem Frauensache?
Mental Load rückte in den frühen 1970er-Jahren erstmals in den Fokus. Damals wurden sogenannte geistige Belastungserscheinungen unter dem Begriff zusammengefasst und ihre Auswirkungen in Verbindung mit Stress in einzelnen Berufsfeldern untersucht. Einen entscheidenden Schub in der Wahrnehmung erfuhr Mental Load durch die Zeichnungen der Französin Emma 2017, in der sie die ungleiche Rollenverteilung bei heterosexuellen Paaren beleuchtete.
In Deutschland hat sich diesem Thema mittlerweile sogar das Bundesministerium für Familien und Senioren gewidmet. Es kommt zu dem Schluss, dass Frauen täglich 52,4% mehr Zeit für Kindererziehung, Pflege, Hausarbeit und Ehrenamt aufwenden als Männer. Daraus resultiert eine ungleiche Verteilung von kognitiver Arbeitslast.
Mental Load im Beruf
Mental Load ist aber schon lange nicht mehr ein reines Gender-Thema, sondern hat seinen Weg ins Berufsleben gefunden. Begriffe wie „invisible work“ oder „Denkstress“ fallen hier. Die Wirtschaftswoche sprach zuletzt sogar vom „Karrierekiller Mental Load“. Tatsächlich steigen dem Artikel zufolge viele Frauen nach der Familiengründung aus dem Job aus oder reduzieren ihre Stunden, um den Anforderungen abseits der Arbeit gerecht zu werden.
Unternehmen können hier positive Zeichen entgegensetzen, indem sie private Aufgaben für Arbeitnehmer übernehmen beziehungsweise vereinfachen. So biete der Software-Konzern SAP für älter Kinder beispielsweise einen Cateringservice an. Die Last des Für-das-Essen-Sorgens wird damit genommen, eine qualifizierte Fachkraft womöglich eher gehalten.
Corona als Booster
Eine weitere Beschleunigung haben mentale Belastungen im Zuge von Corona erfahren. Die Autorin Patricia Cammarata hat sich schon früh mit dem Phänomen beschäftigt. In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau bestätigt sie, dass Corona die ganze unsichtbare Arbeit sichtbar gemacht habe, nicht zuletzt für viele Männer. Unzufrieden ist sie mit der Herangehensweise auf politischer Ebene: „Belange von Familien [interessieren] nur dann, wenn sie der Wirtschaft dienen.“ Dennoch konstatiert auch sie ein steigendes Engagement von Unternehmen. Fakt ist: Mental Load ist ein gesellschaftliches Problem, dessen Lösung uns alle betrifft.
Lösungen benötigen immer Entscheidungen. Wenn Ihr Kopf gerade zu voll ist, kann ein Blick auf unser Factsheet „Entscheidungsmüde? Mit dieser Checklist bleiben Sie wach“ helfen.